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"Wir suchen und pflegen Kontakte zu Menschen in Wittens Partnerstädten"

Das will das jüngste Mitglied im Wittener Stadtrat bewegen

  Hier ist sie aufgewachsen: Paulina Saelzer (23) steht an der Marktfrau-Skulptur in Annen. Für diesen SPD-Ortsverein ist sie jetzt in den Rat eingezogen.  Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services
Hier ist sie aufgewachsen: Paulina Saelzer (23) steht an der Marktfrau-Skulptur in Annen. Für diesen SPD-Ortsverein ist sie jetzt in den Rat eingezogen. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services

WAZ. Gerade ist sie erst 23 geworden: Paulina Saelzer ist das Küken im neuen Stadtrat. Dabei bringt die junge Frau tatsächlich schon einiges an Erfahrung in der Politik mit. Warum sie als Studentin ihre Zeit und Kraft für die SPD opfert und was sie in den nächsten fünf Jahren für Witten erreichen will, darüber hat Paulina Saelzer mit uns im Interview gesprochen.

Frau Saelzer, mit 22 Jahren sind Sie in den Stadtrat gewählt worden. Was hat sie so früh zur Politik gebracht?

Schon als Jugendliche habe ich mich für den Partnerschaftsverein in Witten engagiert. Themen wie Europa und Völkerverständigung sind mir seit damals wichtig. Wir jungen Leute dürfen den Frieden nicht für selbstverständlich halten. Deswegen habe ich angefangen, die Internationalen Camps mit Jugendlichen aus allen Wittener Partnerstädten in Mallnitz mitzuorganisieren. Dreimal haben sie schon stattgefunden.

Aber wie kamen sie von dort zur Partei? Sind Ihre Eltern in der SPD?

Ja, das lässt sich in unserer Familie sogar bis zur Weimarer Republik zurückverfolgen. Für mich war das vor ziemlich genau fünf Jahren aber erst einmal ein symbolischer Akt. Der Rechtsruck in der Gesellschaft hat mich angetrieben, mich politisch zu engagieren. Ich wollte Flagge zeigen. Und meine Mutter ist dann tatsächlich erst nach mir eingetreten...

Und warum die SPD? Wären nicht eher die Grünen was für Sie?

Nein, die SPD hat mich mit ihrem klaren Bekenntnis zu Europa und ihrer klaren Kante gegen Rechts überzeugt. Mit ihren Grundwerten der Internationalen Solidarität hat sie mich abgeholt. Dabei war mir aber immer klar, dass man in einer so großer Partei – und das ist sie ja trotz des Mitgliederschwundes noch immer – nicht stets mit allen einer Meinung sein kann, dass man auch mal mit Parteikollegen hadert. Aber das habe ich tatsächlich inzwischen zu schätzen gelernt. Denn die Auseinandersetzung hilft bei der eigenen Findung und Festigung.

Vom Eintritt bis zur Kandidatur ist es meist ein langer Weg. Wie verlief der bei Ihnen?

Ich habe erst einige Monate bei den Jusos mitgearbeitet, bin dann 2017 als Beisitzerin in der Stadtverbandsvorstand der SPD gekommen, seit letztem Jahr bin ich dort stellvertretende Vorsitzende. Vor der Kommunalwahl hat mich dann der Ortsverein Annen gefragt, ob ich nicht für ihn kandidieren will. Mein Vorgänger dort, Willi Humberg, hatte die SPD ja verlassen. Und für meinen eigenen Verein, Hüllberg, arbeitet ja Claus Humbert im Rat sehr erfolgreich.

Hat Sie das gefreut, haben Sie gleich ja gesagt?

Nein, ich habe erst mal gedacht: Puh, ganz schön viel! Und mir überlegt, ob ich das zeitlich und mit meinen Fähigkeiten hinkriegen kann. Schließlich studiere ich ja auch und war auch ohnehin im SPD-Wahlkampf aktiv. Aber schließlich habe ich mich dafür entschieden – auch weil es Annen ist. Der Ort, wo ich aufgewachsen bin, wo ich mich auskenne und mit dem ich mich identifiziere.

Wie haben Sie den Wahlkampf dann erlebt? Gab es Vorbehalte gegen Sie als junge Frau?

Nein, weder in der Partei noch im Wahlkampf. Vielleicht gibt es eine gewisse Skepsis, ob man als junge Frau wirklich was kann. Und ja – man muss sich vielleicht ein bisschen mehr behaupten. Gegenwind habe ich keinen gespürt. Im Straßenwahlkampf ist das sogar eher positiv bemerkt worden. Aber eigentlich war das gar kein großes Thema. Die CDU hatte in Annen ja auch eine junge Kandidatin…

Sie haben sich gegen die durchgesetzt. Wie haben Sie den Wahlabend erlebt?

Das war bescheiden. Das Gesamtergebnis war ja nicht berauschend. Und über mein eigenes Ergebnis konnte ich mich eigentlich nicht freuen, weil so viele junge Leute von uns ihre Wahlkreise verloren haben. Leute, die ich jetzt gerne im Rat als Ratgeber an meiner Seite hätte.

Jetzt ist schon die erste Ratssitzung gelaufen. Wie war es?

Lang, anstrengend aber auch sehr interessant. Es ist noch mal was anderes, Politik im Austausch mit anderen Parteien zu erleben. Was ich schwer ertragen kann, ist, mit Vertretern der AfD im Rat zu sitzen. Was mich freut: Ich bin in die Gremien gewählt worden, die ich gerne wollte: den Integrationsrat und den Stadtentwicklungsausschuss. Schön, dass ich da meine Kenntnisse einbringen kann. Ich studiere ja Architektur. Da will ich auch inhaltlich meinen Anteil leisten.

Was haben Sie sich sonst noch vorgenommen für die nächsten fünf Jahre?

Über allem steht für mich das Thema Metropole Ruhr, das liegt mir extrem am Herzen. Ich finde wichtig, dass alle Kommunen im Revier es schaffen, sich in Zukunft stärker zu vernetzen. Weg vom Kirchturmdenken – das würde ein Vorteil für alle sein. Aber noch stehen sich die Städte dabei selbst im Weg. Allerdings: Die jetzige Schulden-Situation ist lähmend für die Kommunen. Daher brauchen wir Finanzhilfen von Bund und Ländern. Damit könnten wir ganz anders über Ziele sprechen. Jetzt ist das müßig. Ich glaube, das schreckt auch viele junge ab, sich zu engagieren.

Was sagen Sie denen, warum sie mitmachen sollten?

Kommunalpolitik ist spannend, man kann viel bewegen und man lernt viel. Außerdem ist sie nicht so festgefahren, wie man vielleicht meint. Und wir brauchen den Nachwuchs dringend: Der Altersdurchschnitt ist hoch. Wenn wir keine jungen Leute finden, die sich engagieren, wird es in spätestens 15 Jahre düster aussehen.

Eine letzte Frage: Es gibt noch eine Saelzer im Rat, Katharina Saelzer...

Ja, das ist lustig, da werden wir oft drauf angesprochen. Das ist meine Schwägerin. Die war auch erst bei der SPD, ist dann zu den Grünen gewechselt – und auch gewählt worden.

WAZ-Bericht von Britta Bingmann

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